Ästhetik des Films, Teil I

21.05.2013 00:21

 

 

 

Aesthetica Filma

 

Ästhetik des Films

 

P. P.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorwort

 

Da man oft folgende Aussagen hört: »Dieser Film ist vollkommen unlogisch« oder »Das sieht total unrealistisch aus« – ja, diese Aussagen beziehen sich auf Filme - Habe ich mich dazu entschlossen eine – längst fällige – Ästhetik des Films zu schreiben. Auch eine Typologie soll geleistet werden und der Psychothriller als Genre besondere Aufmerksamkeit bekommen, da existenziell wichtig – das Herz aber, soll die Logik der Ästhetik oder eben des Films darstellen. In Anlehnung an Baumgarten[1] (nicht die Geburt der Ästhetik als Disziplin), soll so eine logisch-strenge, als auch ästhetische, Abhandlung über die künstlerisch wertvollste Auseinandersetzung mit Philosophie, die kulturimplementiert ist, entstehen.

 

Der Kinogänger von Gestern wird also Morgen nicht mehr sein …

 

P. P.

Erfurt im Mai, 2013.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ästhetik des Films

§ 1

 

Die Ästhetik des Films ist eine Philosophie des Films.

Dies ergibt sich analytisch aus dem Begriff der Ästhetik[2], welche ich in den Zusammenhang zum Film setze.

 

§ 2

 

Die Ästhetik des Films, als Philosophie des Films[3], unterscheidet zu aller erst Filme von anderen filmischen Beiträgen. Es gilt also das Wort „Film“ zu definieren. Zunächst brauchen wir eine primitive Definition. Ein Dokumentarfilm ist kein Film, auch wenn das Wort „Film“ in dem Wort „Dokumentar-film“ zunächst drauf hinweisen könnte. Ein Dokumentarfilm gehorcht anderen ästhetischen Gesetzen, wenn denn überhaupt, als der Film; Spielfilm, Drama (Utopie kehrt hier ein), Melodram, Thriller und Avantgardefilm – sowie vielleicht Sifi und Actionfilm (die eigentlich außerhalb stehen müssten). Ein Film ist ein ästhetisches Ereignis (im Bewusstsein (des Betrachters)), dass durch

α) Mise-en-scène

β) Montage

γ) Ästhetik bestimmt ist, und überdies hinaus eine Handlung, eine Geschichte eine Entwicklung hat. Zusatz α) Die Mise-en-scène ist das Äußerliche der Inszenierung, sie sind die Dinge wie sie sich uns phänomenologisch geben; das, was uns an die Hand gegeben wird, uns den Genuss medial vermittelt oder eben die Abscheu.

 

Ästhetik des Films

 

β) Die Montage ist das, was dem Film die unterscheidente Komponente beimischt, was ihn von dem Theater – der Wiege des Films – unterscheidet. Ein Theater hat keine Montage. γ) Diese Ästhetik ist immer seine Ästhetik. Es verhält sich wie mit demVerhalten: Einen Film ohne Ästhetik[4] kann es de facto nicht geben.

 

§ 4

 

Die Ästhetik eines Filmes ist das, was

α) den Film ausmacht, maßgeblich bestimmt

β) den Zugang zum Film überhaupt erst ermöglich. Ästhetik eines Filmes ist essentiell: Ästhetik, Mise-en-scène (1) und Montage (2), machen das aus, was der Film ist oder zumindest der primitive Film (Stummfilm). Eine erweiterte Definition vom Film wird also folgen müssen.

Ein simples Beispiel: Sie schauen einen Film ohne Handlung[5]: 90 Minuten schwarzes Bild. Die M1 es Filmes ist monoton, die m² des Filmes ist nicht vorhanden bzw. Regisseur hat auch M² verzichtet und die Ästhetik ist, nun, ja, sagen wir doch, eine recht triste; ein längeres schwarzes Ereignis

 

 

 

 

 

 

 

Ästhetik des Films

§ 5

 

Wo ist der Film? Der Film und damit seine Ästhetik spielen sich im Bewusstsein des Menschen ab. Ohne Bewusstsein vom Film, also bewussten Akt, gibt es keinen Film. Der Ästhetik des Films kommt also eine phänomenologische Komponente zu. Die Ästhetik des Films ist also eine Phänomenologie des Films. Daher ist die Phänomenologie des Films eine Philosophie des Films. Generell steht die Phänomenologie in Analogie zum Film, da das Bewusstsein kontinuierlich Bilder erzeugt. Der Film erzeugt im Bewusstsein eine Aneinanderhing von Bildern, die den Eindruck erwecken, sie würden sich be-wegen: motion Picture. Nur was bewegt (wird), kann bewegen. Der Mensch, als Mensch, der sich zu be-wegen im Stande sieht, ist eine Bilderfabrik im doppelten Sinne. Die Konstitution von Bildern ist unerlässlich für den Film.

 

§ 6

 

Die Ästhetik ist objektiv[6].

 

§ 7

 

Daraus folgt, dass die M1, als auch M², nicht objektiv, also subjektiv sind. Der Schnitt kann mir nicht gefallen, diese Einstellung kann gut gewählt sein, eine andere aber besser.

Ästhetik des Films

§ 8

 

Eine kleine Zusammenfassung bietet sich hier an: Wir erreichten eine Definition vom primitivem Film: Ästhetik, die objektiv ist, M1 und M², beide objektiv vorhanden, also zu definieren und zu analysieren, aber subjektiv wirken, bilden das, was sich als materielles[7] Konstrukt, geistig in uns abspielt. Was fehlt? Das vollkommen BE-WEG-ENDE fehlt: Die Musik[8]. Ich halte meine These noch zurück und komme zum wichtigen Aspekt der Logik: die Logik der Ästhetik des Films.

 

§ 9 - Die Logik des Filmes

 

Die Logik des Filmes ist eine Logik der Ästhetik (des Filmes).

In der Logik des Films, ab hier nur noch logische Ästhetik des Filmes oder ästhetische Logik des Films, wird eine innere und eine äußere Logik unterschieden. Die logische Ästhetik an sich bleibt leer und blind, es gibt keine Logik des Films, auch keine ästhetische.

Die, die keine Einsicht in die Filmästhetik haben, verraten sich an Aussagen wie »Dieser Film ist logisch«: Wer stellt sich im Museum mit Popcorn in der Hand vor ein Gemälde und ruft »Dieses Gemälde ist schlichtweg falsch, ein Stier sieht ganz anders aus« und »Diese Frau entspricht nicht den ästhetischen Körperproportionen von einer Frau, die ich in meiner Vor-stellung habe«.  Aber noch schlimmer sind diese, die sagen »Ja, in der Realität verhält es sich wirklich so!«

Ästhetik des Films

§ 10 – Äußere Logik des Films

 

Die äußere Logik des Films ist identisch mit der logischen Ästhetik des Films, sie ist zu vermeiden – faktisch nicht gegeben. Wir brauchen sie aber, um aus ihrer Negation die fruchtbare, innere Logik der Ästhetik des Films zu gewinnen.

Alles was von außen an den Film herangetragen wird, hat nichts mit dem Film zu tun. Dies ist kein Dekonstruktionsversuch der Hermeneutik, sondern eine wissenschaftliche Grundhaltung, vorurteilsfrei an einen Film zu gehen; einen Weg zu be-gehen. Film ist und bleibt hermeneutisch; die Botschaft richtet sich nach dem ABSENDER, er ist tot. Dennoch gibt es Logikfehler im Film, die ästhetisch auch nicht zu entschuldigen sind. Wichtig aber dennoch ist zu verstehen, dass es den Film nicht tangiert, ob sie das Handeln des Protagonisten oder das brechen von Naturgesetzen für unlogisch halten oder nicht; der Film wir ihnen nicht antworten. Außerdem wird es keine Hilfe sein, einen Film zu ver-stehen, wenn er als unlogisch erachtet wird. Der Subtext des Filmes steht über ihrer Meinung, über ihrer Auffassung von Logik, ja, sogar über ihrer Auffassung von Wahrheit und Realität sowie Schönheit. Dies soll noch ausgeführt werden.

Wenn der Apfel (von allein) vom Tisch fällt, weil das in ihrer Realität so ist, dann kann man daraus nicht schließen, dass der Apfel im Film – der gar kein Apfel ist[9] – auch vom Tisch fällt, gar fallen muss; vielleicht fällt der Tisch vom Apfel, wir wissen es nicht, und schon gar nicht in den ersten fünf Minuten – vielleicht werden wir es auch nie erfahren, aber wenn wir etwas über die Auffassung von Realität im Film erfahren, dann können wir uns einer Logik annähern.

 

Ästhetik des Filmes

Was für einer? Einer Inneren.

 

§ 11 – Der Kern der logischen Ästhetik des Filmes – die innere Logik

Die innere oder intrinsische logische Ästhetik des Films ist die Wahrheit der Logik des Filmes.

 

§ 12

Wahrheit ist relativ.

 

§ 13

Die Wahrheit der logischen Ästhetik des Filmes ist keine Wahrheit mit Letztbegründungs Anspruch. Jeder Film, der eine eigene Logik, also innere des Films besitzt, hat seine eigeneWahrheit.

 

§ 13

Jeder Film hat seine eigene, innere intrinsische Logik.

 

§ 14

Die innere Logik des Film ist vom Film selbst ge-setzt[10].

 

 

 

 

Ästhetik des Filmes

§ 15

Die innere Logik des Films ist absolut, daher nicht hinreichend für unsere Erfassung, daher erst recht nicht erfahrbar für unsere Phänomenologie[11] des Films. Was auch so viel heißt wie, dass der Film als solches, als Ganzes, als Kunstwerk, als – ganzes – Werk und nicht als Fragment unter-halten werden muss; ver-standen werden muss. Die innere Logik des Filmes kann, darf aber nicht aus einer Szene abgeleitet werden. Das ästhetische Programm ist objektiv sichtbar, die innere Logik wird durch das Bewusstsein – phänomenologisch - aus dem Film her-aus ins Bewusstsein zurück gebracht, über den Versand reflektiert und geordnet und dann abgeleitet. Diese Logik ist also post Filmen

 

§ 16

Die innere Logik kann implizit oder explizit, in der ersten oder in der letzten Sekunde präsentiert werden; implizit ist aber häufiger der Fall. Das ästhetische Vergnügen kommt also vor der Arbeit.

 

§ 17

Um die innere Logik des Filmes zu bekommen, muss man sich mit dem Film aktiv beschäftigen: Implikationen können überall sein, d. h. Überall im Bewusstsein.

 

§ 18

Ein Film kann nur und nur dann innerlich unlogisch sein, wenn er seiner eigenen Logik, also inneren, widerspricht. Daraus folgt, dass …

 

 

§ 19

Die innere Logik des Filmes ver-standen sein muss, um einen Widerspruch be-weis-en zu können.

 

§ 20

Die innere Logik des Filmes kann besonders einfach[12] zu erfassen sein, wenn z.B. einfach ein Er-zähler er-zählt, dass folgende Gesetzt herrschen oder besonders schwer, wenn man den Eindruck hat, dass ständig etwas unlogischen passiert, Figuren plötzlich eine andere Identität[13] haben, die Schwerkraft ausgehebelt[14] wird oder Zeit und Raum, oder eben Raumzeit – bis zum 4-Dimensionalismus[15] – scheinbar unlogische Schlüsse nahelegen. Die innere Logik ist also Teil der künstlerischen Idee, die dem Werk vorausgeht; sie wächst in den Autoren und Realisatoren. Nun wird es also Zeit, die eigentliche Definition zu bringen.

 



[1]Alexander Gottlieb Baumgarten, Dissertatio chorographica, Notiones superi et inferi, indeque adscensus et descensus, in chorographiis sacris occurentes, evolvens, 1735.

[2]Die Ästhetik ist eine Disziplin der Philosophie, philosophische Ästhetik.

[3]Von nun an nicht mehr extra ausgeschrieben.

[4]G. ist hier seine Ästhetik, seine Haut.

[5]Und damit weder ein Film, noch ein primitiver Film, aber dies soll nur zur „Veranschaulichung“ dienen.

[6]G. ist die Ästhetik als das, was wir am Film wahr-nehmen, den Fim (im Bewusstsein) selbst; der Film spielt Bilder ab, wird abgespielt, spielt sich daher in unserem Wahrnehmungsfeld ab, in der Dauer, die wir als bewussten Akt auf den Film richten. Der Film ist nicht die Filmrolle (das ist nur das Material, der Träger des Films), nicht die DvD-Box oder gar die DvD selbst, ist der Film, sondern das, was sich er-eig-net, sich uns als Film eigen machen.

[7]Natürlich ist mir klar, dass Elektronen und Nervenzellen als Fundament ungeistige Prozesse verursachen, die erst überhaupt es ermöglichen, ein Phänomen des Filmes ins Bewusstsein zu rufen. Die Bilder – die einen guter Film in uns verbleiben lässt – aber, werden sie nicht im Schädel finden, wenn sie den bereit sind diesen zu öffnen.

[8]In der Kunsthierarchie Schopenhauers ist die Musik die höchste Form der Kunst.

[9]Der Apfel, den wir im Film sehen ist ein Bild in unserem Bewusstsein, ein geistiges Konstrukt, unabhängig dessen, ob beim Dreh, ein echter oder ein künstlicher Apfel verwendet worden ist; unabhängig davon, ob überhaupt irgendetwas verwendet worden ist.

[10]Sie ist hier mit der Ästhetik des Filmes identisch.

[11]Wir können jeder Zeit eine Aussage zum aktuellen Filmgesehen machen, eine Prognose wagen, aber schon nach dem Film, ist das, was für uns der Film ist, nicht mehr der Film. Erstens nicht, weil der Film nicht mehr im Bewusstsein ist und zweitens nicht, weil der Film nun nur noch Erinnerung aus der Protention her-aus ist.

[12]Herr der Ringe, 1. Teil.

[13]Mulholland Drive.

[14]Matrix.

[15]Donni Darko.