Die Medialität des Wassers - Beiträge zu einer Wissenschaft vom Leben als spekulative Physik und Lebensphilosophie

26.03.2015 12:12

Die Medialität des Wassers - Beiträge zu einer Wissenschaft vom Leben als spekulative Physik und Lebensphilosophie

 

Die Medialität des Wassers - Beiträge zu einer Wissenschaft vom Leben als spekulative Physik und Lebensphilosophie

 

Schon Thales von Milet (624 - 547) erhob das Wasser zu einem fundamentalen Prinzip unserer Beschaffenheit der Welt und damit zu unserer eigenen Beschaffenheit, und schaffte so eine Grundlage der spekulativen und ontologischen Beschäftigung mit der Natur (als spekulative Wissenschaft von der Natur bzw. Naturphilosophie). Denn das Wasser ist ein beobachtbares Element, was wichtig zu verstehen ist, und Erklärungsprinzip, das ohne Göttliches und Elitäres auskommt und somit für den Menschen an Bedeutung gewinnt; die Aufmerksamkeit auf natürliche Sachverhalte legt, die nicht außer-natürlich (v)erklärt werden. Jeder kennt Wasser und jeder kann es beobachten sowie es erforschen - wobei Wasser nicht gleich Wasser "ist".

Das Wasser, auch in seiner metaphorischen Sprengkraft, die kulturell nicht unbedeutend ist, erlangte deshalb eine zentrale Bedeutung und wurde sogar zum Sinnbild des Lebens. Diese Wichtigkeit des Wassers wird heute leider nur noch in kritischen Auseinandersetzungen deutlich. Umso erstaunlicher erscheint es heute in unserer modernen, "aufgeklärten", über-rationalen und entmystifizierten Gesellschaft, dass Wasser zu einer Nebensache geworden ist, auf den sanitären Bereich reduziert  wird und oft auch nur noch, was Swimmingpools angeht, als Statussymbol taugt. Getrunken aber werden lieber wasserhaltige Getränke, die mit Wasser nicht im Geringsten etwas zu tun haben oder mit Säure versetztes Wasser - eine weiteres modisches, in Plastikpullen abgepacktes Massen-Artefakt. Wem das widersprüchlich vorkommt, der sollte weiter lesen. Wasser ist nämlich kein Wellness- oder Luxus-Getränk. Was Wasser angeht, müssen wir uns wieder eine phänomenologische Sichtweise anerziehen. Denn alle unsere Sichtweisen, die das Wasser betreffen, sind grundlegend falsch. Und obwohl Wasser kulturell gesehen eine tiefschürende Bedeutung für uns hat und es etwas Alltägliches für uns ist, müssen wir doch zugeben, dass wir fast nichts Wissen über dieses geheimnisvolle Element. Gleichzeitig aber ignorieren wir die erstaunlichen Fakte der noch jungen Hydrologie.

Dabei besteht der Mensch aus nahezu 70% Wasser. Jede Zelle des menschlichen Körpers ist auf Wasser, auf viel Wasser angewiesen – täglich. Der Mensch ist eingelagert in seine Umwelt und Lebenswelt, auch diese „Welten“ sind auf Wasser angewiesen, ja, sogar abhängig davon. Und damit auch alle Pflanzen und Tiere sowie ökologischen Prozesse und Kreislauf diese „Welten“ schneiden und überlagern. Oder anders, einfacher gesagt: Überall, wo man hinsieht, ist Wasser zu sehen, aber auch der Bedarf an Wasser, obgleich dies nicht immer unmittelbar sichtbar ist. Überall wo der Mensch direkt und indirekt ist und wirkt, wo seine Wirklichkeiten sich ausbreiten, ist auch Wasser und zwar als Grundstoff, ob als „Primärquelle“ oder als Teilhaber andere Substanzen. Wo der Mensch durch Blut und Schweiß seiner historischen Transzendenz Ausdruck verlieht, da war und ist auch Wasser. Und wen wundert es da, dass auch die Probleme des Menschen oft mit diesem Element zu tun haben, ja, sogar kausal zusammenhängen, welches die moderne Wissenschaft noch immer nicht entschlüsselt hat und sicherlich auch nie enträtseln wird. Denn wo Menschen sind, da sind auch Probleme und Versuche Lösungen zu suchen (Homo problema). Wasser ist und bleibt das magische Grundprinzip des dem Menschen bekannten Lebens. Es ist somit die Frage zu stellen, ob das Wasser nicht die Lösung des Problems sein kann?

Die moderne Wissenschaft allerdings steckt in einer besonderen Krise. Besonders, weil sich ihr die diese Krise noch nicht vermittelt hat. Sie ist aber auch blind gegenüber Versuch sie auf ihre (wohl bewusste) Blindheit und Ignoranz hinzuweisen. Hier bleibt die Frage offen, ob sich die Wissenschaftler, da nicht alle Wissenschaftler Forschungsunfug unter dem Deckmantel der Erkenntniserweiterung (wie z.B. an Mäusen) betreiben von der Wissenschaftlichkeit der Modernen Wissenschaft abspalten werden, wie die Journalisten es gegenüber den Mainstream Medien getan haben (und so die Alternativen Medien erschufen) – wünschenswert wäre es, vor allem, da wir in Strukturen Leben, die es unmöglich machen zwischen Politik, Wirtschaft, also ökonomischen Interessen und der modernen Wissenschaft, die eben im Dienste dieser Strukturen sich verankert, ja, verlaufen haben. Die moderne Wissenschaft löst so eben auch keine Probleme mehr, sie hat zerkleinert, analysiert alle menschlichen Problem ins Unendliche und entfern sich so immer weiter von den eigentlich Ursachen der Menscheitsprobleme und nennt dieses perverse Verhakten dann Grundlagenforschung. Daher hat sie sich schon längst selbst abgeschafft, da sie ihre Wissenschaftlichkeit, die aus einer anfänglichen und naiven Neugier – z.B. für die Elemente -, bestand, der Aufmerksamkeit und Profitgier sowie eine medientaugliche als-ob-Wissenschaftlichkeit gewichten ist. Geforscht wird da, wo schon geforscht wird: Wer sind in Geldabhängigkeiten besiegt, versucht seine Aufgabe, sein Problem nicht zu lösen, sondern zu dehnen. Wir brauchen mehr Zeit, heißt es dann, das Problem ist nun genauer erforsch und daher komplexer als gedacht: Mehr Zeit aber, bedeutet mehr Geld. Man sieht dies dann an Baustellen, die nicht fertig werden und plötzlich das 100-fache von dem Kosten, was ursprünglich errechnet und kalkuliert wurde. Fußen solche immensen und immens teuren Bauprojekte nicht auf grundlegend wissenschaftlichen Erkenntnissen der Modernen Wissenschaft und ihrer noch jungen Geschichte und Erfahrungen? Wissenschaft ist nicht mehr das, was Wissen schafft, sondern das, was unter dem Deckmantel des schönen Scheines von Wissenschaftlichkeit, be-stellt werden kann, um z.B. einem Mineralwasser eine Gütesiegel zu attestieren, um langsam wieder zum Thema zurück zu kehren. Die Wissenschaft ist kaufbare Glaubwürdigkeit in einem Warenkapitalismus im Zeitalter des Authentischen. Im medienliebenden Gesundheitswesen ist das „gut“, wird das als „gut“ erachtet, was Kriterien des Wahrgenommen-werdens erfüllt und was wissenschaftlich belegt ist. Besonders das Wasser hat stark darunter zu leiden – somit auch der Mensch, der unwissend ein Wasser trinken muss, was als „gut“ erachtet wird. Und was als „gut“ erachtet, also attestiert wird und auch werden kann, muss als wissenschaftlich gelten. Die sogenannte Wissenschaft von heute, belegt einem alles, was man belegt haben will. Dazu muss nur der Preis stimmen. Eine Studie zu fälschen ist freilich kein Kunststück mehr (falls es denn jemals so war, Wissenschaft war vielleicht einmal strenger), mal abgesehen davon, dass man einem „Gütesiegel“ schon glaubt, wenn es nur augenfreundlich designt ist. Es ist kinderleicht an den ohnehin willkürlich erstellen Parametern herumzuschrauben, bis das gewünschte Ergebnis eintrifft und Vergleichsstudien oder Gegenstudien lassen sich ebenfalls manipulieren oder einfach unterdrücken. Man aber auch gleich ein Gütesiegel erfinden, quasi selbst designen und auf seinem Produkt platzieren. Der Glaube an die Wissenschaftlichkeit, denn letztlich ist die Wissenschaft heute eher ein Religionsersatz für erkenntnisresistente Agnostiker. Tatsächlich wird in unserer modernen Informationsgesellschaft mehr Wissen unterdrückt als erschaffen bzw. „her-ge-stellt“. Schließlich ist schon so viel Wissen vorhanden, dass es viel schwieriger ist, das vorhandene Wissen zu sichten, zu ordnen und zu kategorisieren. Mal abgesehen davon, dass Wissen – praktisch verstanden – immer interessengerichtet geordert wird, was durch das Internet als Medium noch zusätzlich katalysiert wird und die menschliche Geschichte der Problemforschung so immer mehr in eine Seinsvergessenheit – um einmal Heidegger zu erwähnen – und in einen Verblendungszusammenhang – um einmal Adorno zu erwähnen – gerät. In diesem System ist es nahezu einleuchtend, dass das alte Wissen so vollkommen unbrauchbar erscheint und als unwissenschaftlich erachtet wird, Man müsste auf vielen Gebieten weniger forschen, vor allem an Menschen und Tieren, um die alten Sprachen lernen, um die alten Texte wieder lesen, verstehen und – was wichtig hervorzuheben ist – auch auslegen zu können. Auch wenn die Technik und Techniken sich ändern, die Probleme und Bedürfnisse des Menschen bleiben gleich – die alten Texte, die uns universale Geschichte überliefern, bleiben aktuell und werden immer aktuell bleiben. So auch die Bedeutung des Wassers und das alte Wissen über das Wasser.

Fakt ist: Der Mensch, er besteht zum Großteil aus Wasser und er muss Wasser trinken. Denn die Zellen, aus denen er besteht, bestehen nicht nur selbst wiederum zum Großteil aus Wasser, auch sie benötigen es. Alles, was den Menschen betrifft, spielt sich auf dem Wasser ab, denn sein Lebensraum „steht“ wörtlich genommen auf dem Wasser. Alles dem Menschen bekannte Leben ist wohl im Wasser entstanden. Genau wie jeder individuelle Anfang einer Existenz in Fruchtwasser der Mutter entstand. Wasser ist aber keine notwendige Bedingung für unsere Existenz, damit wir nicht verdursten, sondern aus einem anderen Grund. Mal abgesehen davon, dass in unserer Gesellschaft kaum ein Mensch weiß, was Durst ist, wir könne auch literweise Limonade oder Saft trinken, auch alles Lebensmittel, ja sogar Nahrungsmittel, enthalten viel Wasser, ohne zu verdursten. Es geht auch nicht darum, dass Wasser uns Nährstoffe zuführt, wie die Werbeindustrie uns immer wieder zu suggerieren versuch (wer braucht schon mit Milchsäure angereichertes Wasser?). Das Problem ist, dass Wasser, stinknormales Wasser in unsere Gesellschaft unsexy geworden ist. Denn es ist einfach nur Wasser. Wie soll man so etwas unspektakuläres an den Mann (Genderwahn wird in diesem Artikel nicht propagiert) bringen? Daher wird versucht Wasser mit X und Y zu versetzen, um ein nahezu individuelles Produkt zu erschaffen – und natürlich, um nebenbei eine ganze Produktionspalette zu erschaffen, die der endlosen Wachstums-Ideologie des Kapitalismus entspringt und die diese ohnehin vorgetäuschte Illusion der individuellen Produkte weiterhin aufrechtzuerhalten versucht (für jeden Menschen gibt es den passenden Jogurt): Dieses Wasser hat Z zum Inhaltsstoff, jenes Q, Sie – werter Leser - müssen nur auswählen, was am besten zu Ihnen passt. Bei so viel Wasser, was eigentlich nur Wasser ist, und dann doch eigentlich gar kein Wasser ist, ist es schwer auf den Gedanken zu kommen, warum der menschliche Körper, besser Organismus Wasser braucht. Dabei gibt einem jeder Blick in die kulturelle Genese des Wassers die Antwort. In vielen Romanen und Filmen, aber auch auf direkter Ebene in Riten, Mythen und Zeremonien, entäußert sich die Medialität und reinigende Wirkung des Wassers. Jeder Duschvorgang im modernen Film entäußert sich als Metapher für die Schuld – wer sich nicht befleckt, muss sich nicht reinigen: Das Wasser ist ein Medium. Was ist das Wesen eines Mediums? Das Wesen eines Mediums liegt in seiner Neutralität. Neutralität bedeutet hier Geschmacklosigkeit, Unangereichertheit, „Leere“, eben Raum für Möglichkeit. Apfelschorle – in diesem Sinne – ist ein schlechtes Medium.